Charles Boyer

Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Zum französischen Jesuiten und Theologen siehe Charles Boyer (Theologe).
Charles Boyers Stern auf dem Hollywood Walk of Fame

Charles Boyer (* 28. August 1899 in Figeac, Frankreich; † 26. August 1978 in Phoenix, Arizona) war ein französischer Schauspieler. Den Höhepunkt seiner Karriere erlebte er in den 1930er und 1940er Jahren in Hollywood, als er in Liebesfilmen häufig den Leading Man spielte. Im Laufe seiner Karriere erhielt Boyer vier Oscar-Nominierungen als bester Hauptdarsteller; bei der Oscarverleihung 1943 wurde er für sein Engagement im Zweiten Weltkrieg mit einem Ehrenoscar ausgezeichnet.

Leben und Werk

Boyer brach sein Studium der Philosophie an der Sorbonne ab, um das Pariser Konservatorium zu besuchen, und begann anschließend seine Schauspielkarriere am Theater. Bereits 1920 debütierte er in dem Film L’homme du large und wurde rasch ein bekannter Darsteller romantischer Helden. Im Jahre 1929 ging er nach Hollywood und wirkte in zahlreichen Versionenfilmen mit, darunter in den französischen Fassungen von The Trial of Mary Dugan und Hölle hinter Gittern. Insgesamt blieb seine Popularität jedoch hinter der seines Landsmannes Maurice Chevalier zurück. 1932 spielte er neben Jean Harlow eine kleine Rolle in Feuerkopf und kehrte kurz danach nach Frankreich zurück. Nach seinem großen Erfolg in Liliom ging er 1934 wieder nach Amerika und spielte neben Stars wie Loretta Young (Caravan), Katharine Hepburn (Break of Hearts) und Marlene Dietrich (Der Garten Allahs). Zwischenzeitlich hatte er in Frankreich unter der Regie von Anatole Litvak als Kronprinz Rudolf neben Danielle Darrieux in Mayerling seinen bis dahin größten Erfolg. Er drehte danach hauptsächlich in Amerika, so neben Claudette Colbert in Tovarich, mit Jean Arthur unter der Regie von Frank Borzage in Und ewig siegt die Liebe und als Napoleon neben Greta Garbo in Maria Walewska. Sein Auftritt in Algiers, einer Neuverfilmung des französischen Films Pépé le Moko, mit dem er als neuer romantischer Liebhaber lanciert werden sollte, litt jedoch unter der Anwesenheit von Hedy Lamarr, die in einer Nebenrolle ihr amerikanisches Debüt gab und Boyer die Show stahl. Angekündigt als „schönste Frau der Welt“ verursachte Lamarr einen Modetrend, indem sie brünett zur Modehaarfarbe der späten 1930er machte. Zeit seines Lebens hing Boyer der angebliche Satz „Come with me to the Casbah!“ nach, obwohl er ihn tatsächlich niemals im Film gesagt hatte.

In den Folgejahren etablierte sich Boyer als Darsteller in Liebesfilmen. Besonders seine Auftritte neben Irene Dunne in Ruhelose Liebe von 1939 und Bette Davis in Hölle, wo ist dein Sieg aus dem Folgejahr trugen ihm Anerkennung seitens der Kritiker ein. Insgesamt dreimal war er neben Margaret Sullavan zu sehen, darunter 1941 in Seitenstraße. Eine Abkehr von den bisherigen Rollen war der Auftritt in Mitchell Leisens Das goldene Tor, der ihn 1941 als Gigolo einsetzte, der Olivia de Havilland als unbedarfte junge Lehrerin emotional ausnutzt, um ein Visum für die USA zu bekommen. Ungleich integrer war sein Charakter im Film Liebesleid, der auf einem populären Buch basierte und in dem er unter der Regie von Edmund Goulding eine tragische Beziehung mit Joan Fontaine eingeht. In dem Film Das Haus der Lady Alquist versuchte er 1944, Ingrid Bergman in den Wahnsinn zu treiben, um an die Juwelen ihrer Tante zu gelangen. Dies brachte ihm seine vierte Oscarnominierung als bester Hauptdarsteller ein. Mit Irene Dunne war er im selben Jahr wieder in Modell wider Willen zu sehen. 1946 spielte er in Ernst Lubitschs Spätwerk Cluny Brown auf Freiersfüßen einen tschechischen Exilanten, der sich in eine von Jennifer Jones verkörperte Klempnerin verliebt. Im Jahre 1948 spielte er mit Ingrid Bergman die Hauptrollen in Triumphbogen, einer aufwendigen Verfilmung des Romans Arc de Triomphe von Erich Maria Remarque, die aber weder Kritiker noch Publikum recht überzeugen konnte.

Ab den späten 1940er Jahren verlegte sich Boyer hauptsächlich auf Charakterrollen in Film, Fernsehen und Theater. Er erhielt 1952 einen Special Tony Award für seine Darstellung in George Bernard Shaws Don Juan in Hell am Broadway. Zu seinen größten Erfolgen am Broadway gehörte die Komödie The Marriage-Go-Round, in der er neben Claudette Colbert in der Saison 1958/59 einen Erfolg feiern konnte. 1952 gründete Boyer zusammen mit Dick Powell, David Niven und Joel McCrea die Fernsehproduktionsfirma Four Star und spielte anschließend in vielen Fernsehproduktionen dieser Firma.[1] Boyer, der fünf Sprachen beherrschte, darunter auch Deutsch, drehte ab den 1950er Jahren auch wieder vermehrt Filme in Europa. In Max Ophüls’ Filmklassiker Madame de … spielte er 1953 den betrogenen Ehemann von Danielle Darrieux. 1962 sprach er seine Dialoge in der österreichischen Komödie Julia, Du bist zauberhaft selbst. In den 1960er Jahren war er, nun meist in größeren Nebenrollen als elegant auftretender älterer Herr, in Hollywood-Filmen wie Fanny mit Leslie Caron und Horst Buchholz, Wie klaut man eine Million? mit Audrey Hepburn sowie Barfuß im Park mit Robert Redford und Jane Fonda zu sehen. 1973 spielte er den Hohen Lama in dem spektakulär gescheiterten Musicalfilm Der verlorene Horizont. Seine vorletzte Filmrolle in Stavisky von Alain Resnais, in der er einen Baron spielte, brachte ihm noch einmal Kritikerlob und den New York Film Critics Circle Award ein.[2]

Vor allem während des Zweiten Weltkriegs engagierte sich Boyer für eine kulturelle Annäherung zwischen Frankreich und den Vereinigten Staaten, wofür er eigens die French Research Foundation gründete. Für sein Engagement erhielt er schließlich auf der Oscarverleihung 1943 einen Ehrenoscar.

Charles Boyer war seit 1934 mit der Schauspielerin Patricia Paterson verheiratet. Am 26. August 1978, zwei Tage nach dem Krebstod seiner Frau und zwei Tage vor seinem 79. Geburtstag, beging Boyer Suizid durch Secobarbital. Sein einziges Kind, ein Sohn, war 1965 im Alter von 21 Jahren beim Russischen Roulette ums Leben gekommen.[3] Er liegt auf dem Holy Cross Cemetery in Culver City begraben. Ein Stern auf dem Hollywood Walk of Fame, Höhe 6300 Hollywood Boulevard, erinnert an den Schauspieler.

Filmografie

  • 1920: L'homme du large
  • 1921: Chantelouve
  • 1922: Le grillon du foyer
  • 1922: Esclave
  • 1928: La ronde infernale
  • 1929: Le capitaine Fracasse
  • 1930: La barcarolle d'amour
  • 1931: Révolte dans la prison
  • 1931: The Magnificent Lie
  • 1931: Le procès de Mary Dugan
  • 1932: Tumultes
  • 1932: The Man from Yesterday
  • 1932: Feuerkopf (Red-Headed Woman)
  • 1932: La Bataille
  • 1933: I.F.1 ne répond plus
  • 1933: Moi et l'impératrice
  • 1933: Der Falschspieler (L’Épervier)
  • 1933: The Battle
  • 1934: Liliom
  • 1934: The Only Girl
  • 1934: Caravan
  • 1934: Caravane
  • 1935: Le bonheur
  • 1935: Oberarzt Dr. Monet (Private Worlds)
  • 1935: Break of Hearts
  • 1935: Shanghai
  • 1936: Mayerling
  • 1936: Der Garten Allahs (The Garden of Allah)
  • 1937: … und ewig siegt die Liebe (History is Made at Night)
  • 1937: Maria Walewska (Conquest)
  • 1937: Tovarich
  • 1938: Orage
  • 1938: Algiers
  • 1939: Ruhelose Liebe (Love Affair)
  • 1939: When Tomorrow Comes
  • 1940: Le corsaire
  • 1940: Hölle, wo ist dein Sieg (All This, and Heaven Too)
  • 1941: Seitenstraße (Back Street)
  • 1941: Das goldene Tor (Hold Back the Dawn)
  • 1941: Sprechstunde für Liebe (Appointment for Love)
  • 1942: Sechs Schicksale (Tales of Manhattan)
  • 1943: Untel père et fils (Erzähler)
  • 1943: Liebesleid (The Constant Nymph)
  • 1943: Das zweite Gesicht (Flesh and Fantasy) (auch Produzent)
  • 1944: Das Haus der Lady Alquist (Gaslight)
  • 1944: Modell wider Willen (Together Again)
  • 1944: The Fighting Lady Erzähler des Dokumentarfilms (franz. Version)
  • 1945: Jagd im Nebel (Confidential Agent)
  • 1945: Congo
  • 1946: Schienenschlacht (La bataille du rail)
  • 1946: Cluny Brown auf Freiersfüßen (Cluny Brown)
  • 1948: Qualen der Liebe (A Woman’s Vegenance)
  • 1948: Triumphbogen (Arch of Triumph)
  • 1951: The 13th Letter
  • 1951: Beichte eines Arztes – Die erste Legion (The First Legion)
  • 1952–1956: Four Star Playhouse (Fernsehserie, 30 Folgen)
  • 1952: Mein Sohn entdeckt die Liebe (The Happy Time)
  • 1953: Donner in Fern-Ost (Thunder in the East)
  • 1953: Madame de …
  • 1955: Die Verlorenen (The Cobweb)
  • 1955: Nana
  • 1955: Wie herrlich, eine Frau zu sein (La fortuna di essere donna)
  • 1956: I Love Lucy (Fernsehserie, eine Folge)
  • 1956: In 80 Tagen um die Welt (Around the World in Eighty Days)
  • 1956: Paris, Palace Hôtel
  • 1957: There Shall Be No Night (Fernsehfilm)
  • 1957: Goodyear Theatre (Fernsehserie)
  • 1957: C'est arrivé à 36 chandelles
  • 1957–1958: Alcoa Theatre (Fernsehserie, drei Folgen)
  • 1957: Die Pariserin (Une parisienne)
  • 1958: König der Freibeuter (The Buccaneer)
  • 1958: Die Affären von Madame M. (Maxime)
  • 1961: Fanny
  • 1961: Teufel um Mitternacht (Les démons de minuit)
  • 1962: The Dick Powell Show (Fernsehserie, zwei Folgen)
  • 1962: Julia, Du bist zauberhaft
  • 1962: Die vier apokalyptischen Reiter (The 4 Horsemen of the Apocalypse)
  • 1962: 40 Millionen suchen einen Mann (Love is a Ball)
  • 1964–1965: Gauner gegen Gauner (The Rogues) (Fernsehserie, 30 Folgen)
  • 1965: Ein Appartement für Drei (A Very Special Favor)
  • 1966: Wie klaut man eine Million? (How to Steal a Million)
  • 1966: Casino Royale
  • 1966: Brennt Paris? (Paris brûle-t-il?)
  • 1967: Barfuß im Park (Barefoot in the Park)
  • 1968: Le rouble à deux faces
  • 1969: Ein Frosch in Manhattan (The April Fools)
  • 1969: The Name of the Game (Fernsehserie, eine Folge)
  • 1969: Die Irre von Chaillot (The Madwoman of Challiot)
  • 1973: Der verlorene Horizont (Lost Horizon)
  • 1974: Stavisky
  • 1976: Nina – Nur eine Frage der Zeit (A Matter of Time)

Auszeichnungen

Oscar

Golden Globe

New York Film Critics Circle Award

  • 1974: Auszeichnung als Bester Nebendarsteller für Stavinsky

Internationale Filmfestspiele von Cannes 1974

  • 1974: Auszeichnung als bester Hauptdarsteller für Stavisky

Special Tony Award

  • 1952: Auszeichnung für Don Juan in Hell

Literatur

  • Frank Miller: Leading Men. The 50 most unforgettable Actors of the Studio Era. Chronicle Books, San Francisco CA 2006, ISBN 0-8118-5467-1.
  • Larry Swindell: Charles Boyer. The Reluctant Lover. Doubleday & Company, Garden City NY 1983, ISBN 0-385-17052-1.

Weblinks

Commons: Charles Boyer – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Charles Boyer bei Turner Classic Movies (englisch, derzeit von Deutschland aus nicht zugänglich)
  • Charles Boyer bei IMDb
  • Charles Boyer In: Virtual History (englisch)
  • Charles Boyer in der Datenbank Find a Grave (englisch)Vorlage:Findagrave/Wartung/Gleiche Kenner im Quelltext und in Wikidata

Einzelnachweise

  1. Charles Boyer | Biography, Movie Highlights and Photos. Abgerufen am 2. Februar 2021 (englisch). 
  2. Charles Boyer | Biography, Movie Highlights and Photos. Abgerufen am 2. Februar 2021 (englisch). 
  3. Encyclopedia of American Cinema. In: books.google.fr. Ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 3. Oktober 2023.@1@2Vorlage:Toter Link/books.google.fr (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven) 
Normdaten (Person): GND: 116300485 (lobid, OGND, AKS) | LCCN: n82080240 | VIAF: 46916598 | Wikipedia-Personensuche
Personendaten
NAME Boyer, Charles
KURZBESCHREIBUNG französischer Schauspieler
GEBURTSDATUM 28. August 1899
GEBURTSORT Figeac, Frankreich
STERBEDATUM 26. August 1978
STERBEORT Phoenix, Arizona, Vereinigte Staaten