Virgulino Ferreira da Silva

Cangaceiro Lampião (1927)

Virgulino Ferreira da Silva (* 4. Juni 1898 in Serra Talhada, Pernambuco; † 28. Juli 1938 in Poço Redondo, Sergipe) war der berühmteste Cangaceiro (Bandit) im Sertão ("Wüste") im Nordosten Brasiliens. Seinen Kampfnamen Lampião (portugiesisch für „Lampion“) verdankt er dem Mündungsfeuer seines Gewehrs.

Leben

Bande Lampiãos: Lampião und Maria Bonita in der Mitte (1936)

Virgulino Ferreira da Silva wurde 1897 in Serra Telhado im Sertão von Pernambuco geboren. Er war Viehhirte, bis seine Eltern um 1918 von einem Landbesitzer getötet wurden. Daraufhin floh er mit seinem Bruder in den Sertão, um sich dort einer umherstreifenden Bande anzuschließen.

Cangaceiros Dadá (Sergia Ribeiro) und Corisco (1938)

Etwa zwei Jahre später wurde Lampião Anführer einer zwischen 15 und 50 Mann umfassenden Bande. Sein Ruf war zwiespältig, für die Obrigkeit war er grausam und blutrünstig, aber für die arme Bevölkerung war er dennoch ein tapferer Held. Seine Berühmtheit wuchs mit den vielen Geschichten und Liedern, die seine Taten über den brasilianischen Nordosten verbreiteten. 1929 traf er seine Geliebte Maria Bonita, der Legende zufolge die erste Frau, die sich einer Bande anschloss.[1]

Enthauptete Cangaceiros (1938)

Auf Anordnung des Präsidenten Getúlio Vargas eröffneten die Großgrundbesitzer einen richtigen Krieg gegen Lampiãos Bande und setzten dem "König des Cangaço" nach Jahren der Verfolgung 1938 ein Ende. Er und seine Bande wurden enthauptet und ihre Schädel zur Abschreckung auf öffentlichen Plätzen ausgestellt. Nach Lampiãos Tod ergaben sich andere Cangaceiro-Banden massenhaft den Behörden. Die letzte Bande war jene von Corisco (Cristiano Gomes da Silva Cleto), der sich noch eine Weile mit Racheakten an der Polizei hervortat, bis er 1940 erschossen wurde.

Bewaffnung (Cangaço)

Gängige Gewehre waren neben Winchester 73 und Winchester 92 (beide Kaliber 44) auch kunstvoll verzierte Karabiner von Mauser (7x57), FN 1895 (7x57) oder einschüssige Comblains-Gewehre (Kaliber 11 mm). Bei seinem Tod führte Lampião eine Parabellumpistole (9 × 19 mm) bei sich, verbreitet waren auch Smith and Wesson und Revolver von Colt.[2]

Rezeption

Wandmalerei des Cangaceiro

Lampião gilt in Brasilien trotz seiner Brutalität als (minderer) Volksheld (im Vergleich zu Tiradentes). Er wird gelegentlich auch brasilianischer Robin Hood genannt.[3]

Musik

Die Titelmusik (Mulher Rendeira) zum in Mexiko spielenden Farbfilm O’ Cangaceiro (1970) stammt von dem Italiener Riz Ortolani. Die wohl berühmtere, weil sehr eingängige Version dürfte aber die Originalfassung von Zé do Norte sein. Siehe auch die Filmmusik bei YouTube und unter dem Suchbegriff „Zé do Norte“. Sie wurde von Bert Kaempfert als O cangaçeiro (The Bandit) auf dem 1964er Album That Latin Feeling sowie im selben Jahr auch von Joan Baez gecovert.

Filme

  • O Cangaceiro – Die Gesetzlosen. Brasilien, 1953. Regie: Lima Barreto. Ausgezeichnet als „Bester Abenteuerfilm“ auf den Internationalen Filmfestspielen von Cannes 1953 sowie mit der „Lobenden Erwähnung“ für die Filmmusik (s. u.) Olé O'Cangaçeiro
  • Das Ende der Cangaçeiros. Originaltitel: A morte comanda o Cangaço., Brasilien 1961. Produktion: Aurora Duarte. Regie: Walter Guimaraes Motta.
  • Deus e o Diabo na Terra do Sol. Dt.: Gott und der Teufel im Land der Sonne. 1963. Produktion und Regie: Glauber Rocha
  • Antonio das Mortes. Alternativtitel: O Dragão da maldade contra o Santo Guerreiro. Brasilien 1968. Produktion und Regie: Glauber Rocha
  • O'Cangaçeiro. Alternativtitel: The Magnificent Bandits bzw. Viva Cangaceiro. Spanien/Italien 1970. Regie: Giovanni Fago

Sonstiges

Museum Memorial da Resistência Mossoroense
  • Die Stadt Mossoró in Rio Grande do Norte errichtete das Memorial da Resistência Mossoroense zur Erinnerung an Lampião, die Cangaceiros und den erfolgreichen Widerstand der damaligen Gemeinde.[4]

Literatur

  • Billy Jaynes Chandler: The Bandit King. Lampião of Brazil. Texas A&M University, College Station 1978, ISBN 978-0-89096-194-0.
  • Patricia Sampaio Silva: Sur les traces de Virgolino, un cangaceiro dit "Lampião". Fragilités, violences et légalité (Brésil XIXe-XXe siècle). Diss. Université de la Sorbonne, Paris 2000.

Einzelnachweise

  1. Der König der Banditen - 1. Teil (Memento vom 8. Dezember 2009 im Internet Archive)
  2. Externer Link über die Waffen des Cangaços (port.)
  3. 9 Most Outrageous Outlaw Heroes - bandits. In: oddee.com. Abgerufen am 28. Juli 2022 (amerikanisches Englisch). 
  4. Edgley Freire Tavares, Francisco Paulo Silva, Marluce Pereira Silva: A resistência mossoroense nos deslizes da memória e do sentido: uma arqueogenealogia do discurso urbano. In: Revista Moara. Band 43, 2015, ISSN 0104-0944, S. 94–110 (ufpa.br). 
Commons: Lampião – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Offizielle Homepage von Lampião, Inhaberin der Seite ist Vera Ferreira, Enkelin von Lampião und Maria Bonita (Memento vom 11. April 2010 im Internet Archive)
  • Lampião-Website, mit zahlreichen Fotos und Dokumenten (portugiesisch)
  • The greatest hero in Brazilian folklore (Memento vom 20. Februar 2009 im Internet Archive)
Normdaten (Person): GND: 132805448 (lobid, OGND, AKS) | LCCN: n81126961 | VIAF: 62719345 | Wikipedia-Personensuche
Personendaten
NAME Ferreira da Silva, Virgulino
ALTERNATIVNAMEN Lampião
KURZBESCHREIBUNG brasilianischer Räuber, Anführer einer brasilianischen Cangaços-Bande
GEBURTSDATUM 4. Juni 1898
GEBURTSORT Serra Talhada
STERBEDATUM 28. Juli 1938
STERBEORT Poço Redondo